Hornauer Laienspielgruppe Kelkheim-Hornau
Pressestimmen Frankfurter Rundschau, Dienstag, 12. November 2002 Amateur-Theater auf sensationellem Niveau Die Hornauer Laienspielgruppe begeisterte das Publikum mit dem Boulevard-Stück "Wenn schon, denn schon" im Pfarrheim St. Martin. KELKHEIM. Schade, dass es beim Schauspiel keine Zugabe gibt. Obwohl die Vorstellung der britischen Komödie "Wenn schon, denn schon" im Pfarrheim St. Martin in Hornau bis elf Uhr dauerte, hätte man dem turbulenten Treiben länger zusehen mögen. Dass sich die 1978 gegründete Spielschar aus rund 35 Mitgliedern als "Laiengruppe" bezeichnet, ist eindeutig tief gestapelt. Vom Bühnenbild bis zu den darstellerischen Leistungen bewegt sich das Ensemble mit seiner Inszenierung auf Profi-Niveau. Auch ohne von einem Lokalpatriotismus infiziert zu sein, lautet das Urteil über den Komödienspaß eindeutig: Sensationell. Wenn man den verwinkelten Eingangs- bereich des Allerweltsgemeindesaals von St. Martin betritt, ahnt man noch wenig von dem, was einen erwartet. Mehr als zweihundert Personen sitzen beengt auf einem Stuhlmix im Zuschauerraum. Von der Decke hängen zwei Videokameras, die das Ereignis mitfilmen. Der Vorhang an der Rampe lässt eine Minibühne erahnen. Schau’n wir halt mal. Im Scheinwerferlicht dann gleich die erste positive Überraschung: Ein Bühnenbild, das tipp-topp mit allen Details in professioneller Ausführung ein Nobelhotel in London darstellt. Die Protagonisten tragen tolle Garderoben, das Licht stimmt, der Dialog plätschert süffisant und auf die Pointen hin gesprochen. Wenn sich dann das Bühnenbild auch noch zu drehen beginnt - und das tut es den ganzen Abend von Szene zu Szene immer schneller - dann kann man das Wort "Amateure" wirklich vergessen. Am Ende verbeugen sich neben den umjubelten Schauspielern mehr als zehn Menschen im truppeneigenen schwarzen T-Shirt, die die Maschinerie im Verborgenen zum Laufen gebracht haben. Im Januar 2001 gab es für das Team den Kelkheimer Kulturpreis. Recht so. Was man verpasst hat, wenn man nicht in einer der sechs Vorstellungen war, ist Folgendes: Der konservative Abgeordnete Richard Willey (smart und elastisch: Thomas Lorenzen) will seinen Hotelaufenthalt anlässlich einer Debatte für den perfekten Seitensprung nutzen. Seine Frau Pamela (raffiniert rothaarig und sexy: Ulrike Singer) schickt er ins Theater, seinen Assistenten George Adams (schüchtern und tollkühn wie Mr. Bean: Thomas Schönermark) beauftragt er mit der Organisation des außerehelichen Dates. Was sich dann in Appartement 648 und 650 sowie im Foyer des Hotels abspielt, ist eine erotisch-politische Groteske reinsten Wassers. Mit sechs Türen, zwei Flaschen Champagner, einigen Dessous, vergessenen Pillen- döschen gegen Heuschnupfen und anderen Kleinigkeiten schuf Boulevard-Meister Ray Cooney dramatisch wie auch dialogisch ein rasantes Verwechslungs-Chaos unter dem Motto: "Wenn schon eine Lüge, dann eine dicke!" Bald weiß keiner mehr, ob er es mit Frauen oder Männern hält, und wenn ja, mit wie vielen. Nutznießer der Charaden ist der ausgekocht begriffsstutzige Etagenkellner Hu-Wong, der mit improvisierten Bestellungen und mutwilligen Andeutungen das Trinkgeld seines Lebens einsacken kann: Mit gnadenlosem Trockenhumor ist Michael Mayer in dieser Rolle der heimliche Star des Stücks. In weiteren Rollen: Simone Schnella als pralle Geliebte Jennifer, Stefan Graf als distinguierter Hotelmanager, Michaela Krüger als spanisches Hausmädchen, Tina Tiefenstädter als irritierte Rezeptionistin und - last but not least - Daniela Crass als sittenstrenge Oppositionspolitikerin, die sich im Dienst der Sache schon mal acht Stunden Video-Perversitäten anguckt und grundsätzlich jede offene Hotelzimmertür als Einladung versteht. Regisseur Otto Singer bot mit seinen Darstellern - die unter anderem ständig die Kleider wechseln mussten, mal mit Seifenschaum aus dem Bad kamen oder unter einem Serviertisch versteckt hockten - feinste Unterhaltung. Ein Abend, der zeigte, was in der teilweise belächelten Sparte Boulevard an Power stecken kann, wenn man die Sache mit Schmackes anpackt. Außerdem: Der Löwenteil des Reinerlöses kommt der hochwassergeschädigten Stadt Grimma zu, wobei noch ein Rest für Renovie- rungsarbeiten im Pfarrheim St. Martin herausspringt. Kathrin Schwedler (FR)
<<< Produktionen <<< Produktionen <<< Presse <<< Presse